Freitag, 26. Januar 2018

Sternenkriege auf Hawaii (Burda 7/2000)


In den letzten Monaten des letzten Jahres hattee ich - von Patchwork abgesehen - wenig genäht. So wenig, dass ich im Dezember, nach Kilometern runtergeratterter gerader Nähte, schon Zweifel hatte, ob ich überhaupt noch in der Lage wäre, jemals wieder ein Kleidungsstück zu nähen. Ich brauchte ganz klar eine Nähpause, und die gönnte ich mir.

Nur, dass ich auch noch ein genähtes Weihnachtsgeschenk für den Liebsten geplant hatte. Die Idee war mir sowieso ziemlich spät zugefallen - als ich zuhause erwähnt hatte, dass das Stoffgeschäft, in dem ich einmal die Woche arbeite, eine Partie ziemlich coolen Patchworkstoff mit Star-Wars-Motiven geliefert bekommen hatte. Ich sagte nebenher sowas wie "da werden viele Star-Wars-Fans genähte Sachen zu Weihnachten bekommen" und bekam ein halb empörtes "ICH bin auch Star-Wars-Fan!" zurück. Aha. Ich muss zugeben, dass mir diese begeisterte Anhängerschaft in den letzten Jahren nicht aufgefallen war. Zumindest äußerte es sich nicht im Anschaffen von Star-Wars-Devotionalien. Ich beschrieb noch ein bißchen den Stoff, und dass der wirklich auffällig sei, wir redeten eher allgemein darüber, was man daraus nähen könnte, und ich plante schließlich ein Hawaiihemd als Weihnachtsgeschenk, mehr aus Spaß an der Sache, als in der Überzeugung, dass es wirklich angezogen werden würde. 


Mir schien die Hawaiihemdform, also ein gerades Hemd mit geradem Saum, ohne Unterteilungen und mit angeschnittener Knopfleiste, als ideale Schnittform für den Stoff. Bei nur wenigen Schnittteilen wird das Muster  nicht so stark zerschnitten, durch die kurzen Ärmel wirkt das Hemd und damit das Muster nicht so massiv, und man trägt es tendenziell bei über 30 Grad, wenn kleidungstechnisch sowieso schon fast alles egal ist. (Und, weiterer, geheimer Bonus: Diese Schnittform lässt sich auch gut als Pyjamaoberteil tragen - wenn die Fanbegeisterung dann doch nicht so groß sein sollte, mit diesem Muster auf die Straße zu gehen.)


Die Suche nach einem Schnitt war schwieriger, als ich erwartet hatte - bei Burda gibt es nur wenige aktuelle Hemdschnitte, und keinen davon mit dem typischen Umlegekragen eines Hawaiihemds. In einem Heftstapel aus den späten 1990ern und frühern 2000ern, die mir eine nicht mehr nähende Nachbarin überlassen hatte, wurde ich fündig: In Heft 7/2000 gibt es eine ganze Strecke aus großformatigen Blumenstoffen, darunter auch ein Herrenhemd (Schnitt 140). Ich hatte mich schon gefragt, ob ich diese Hefte jemals nutzen werde, was für ein Glück, dass ich sie aufbewahrt hatte!


Nach Ausmessen der Schnittteile und dem Vergleich des Schnitts mit einem passenden Hemd entschied ich mich für Größe 48, auch wenn laut Maßtabelle eher 50 oder 52 in Frage gekommen wären. Kurz vor dem Zuschneiden verließ mich aber der Mut, mich auf meine Messungen zu verlassen, und ich unterteilte das Rückenteil doch noch in eine Passe und ein Unterteil, um beim Unterteil die zwei typischen Oberhemd-Falten für die Bewegungsfreiheit der Schultern einbauen zu können. Auch ein Teil des Vorderteils ist in die Passe eingeflossen, so dass die Schulternaht etwas nach vorne verlegt ist. Die Passe habe ich dann mit einem inneren Passenteil verstürzt, das ist sowieso günstig, um diesen Bereich zu stabilisieren.


Bei der Ansatznaht des Kragens im Rückenteil sieht die Anleitung vor, dass der verstürzte Kragen einfach doppelt liegend an den Halsausschnitt genäht wird, so dass die Nahtzugaben von Halsausschnitt und Kragen von Schulternaht zu Schulternaht sichtbar sind. Ich kann mich nicht erinnern, so eine nicht besonders schöne Verarbeitung schon mal bei einem Hemd gesehen zu haben - normalerweise gibt es für den hinteren Halsausschnitt wenigstens einen kleinen Beleg, damit die Naht verdeckt ist. Mir fiel das Problem natürlich erst mitten im Nähen, am 22. Dezember abends auf, so dass ich kurzerhand einen hellblauen Schrägstreifen über die Naht steppte, der rechts und links unter den Vorderteilbelegen verschwindet. Eine von außen und innen ansehnliche Lösung, aber für das nächste Mal überlege ich mir dann, wie Kragen und Schulterpasse richtig verarbeitet werden, es muss doch eine Möglichkeit geben, alles zu verstürzen.

Damit habe ich schon verraten, dass ich von dem Schnitt wirklich begeistert bin, er ist schnell genäht und vor allem passt er wirklich gut, er hat die genau die richtige Weite für ein leichtes Sommerhemd. Die zusätzlichen  Fältchen im Rückenteil wären nicht unbedingt nötig gewesen, es schadet aber auch nicht, dass sie da sind. Die Schnittdetails sind auf den Fotos durch den Stoff leider nur zu erahnen.

Die Begeisterung für das Hemd war bei dem beschenkten Star-Wars-Fan übrigens eher theoretischer Natur, wie ich es erwartet hatte. Schön genäht ist das Hemd ja, und glücklicherweise hat das Nähen auch großen Spaß gemacht. Angezogen wird es, wenn überhaupt, wahrscheinlich wirklich nur als Pyjamaoberteil. Exaltierte Fan-Kleidung ist nicht die Sache des Liebsten, das hatte ich schon richtig eingeschätzt. Falls ich trotzdem ein Foto vom Hemdbesitzer im Hemd erhaschen kann, werde ich euch das natürlich nicht vorenthalten!

Schnitt: 140 aus Burda 7/2000
Material: Patchworkstoff aus Baumwolle, ca. 1,60 m (bei 1,10 m Stoffbreite), 6 Knöpfe
Änderungen: 
Rückenpasse mit leicht (1,5 cm) nach vorne verlegter Schulternaht abgeteilt und die Passe doppelt verarbeitet. 
Am Ansatz der Passe im unteren Rückenteil zwei Bewegungsfalten eingebaut. Kragenansatznaht hinten mit Schrägband verdeckt.   
Genähte Größe: 48, Schnitt fällt m. E. eher weit aus

19 Kommentare:

  1. Angesichts der anderen Männersachen die Du so zeigst hätte ich mich auch gewundert, wenn er das Hemd draussen tragen würde. Aber nun hat er ein ziemlich cooles Zuhause-Hemd. Ich könnte mir vorstellen dass er von einem einfarbigen Hemd mit diesem Stoff innen als verstürzte Passe, Manschetten, Kragensteg und Unterkragen begeistert wäre.
    Alte Nähzeitschriften sind toll!!! Ich liebe meine alten Brigitte Sonderhefte nähen!
    LG
    Martina

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    1. Das ist eine gute Idee! Ich habe noch Reste von dem Stoff, dann nehme ich mir mal vor, einen passenden Unistoff dazu zu finden.

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  2. Sehr cooles Spaßgeschenk und als Schlafanzugoberteil wird es ja zumindest getragen werden, so dass die Arbeit nicht umsonst war.
    Ich denke bei solchen Stücken ja auch immer an Karneval, aber ich weiß ja, dass ihr in Berlin damit nichts am Hut habt, : ).
    Und du hast jetzt einen guten Schnitt für ein Sommerhemd gefunden.
    LG von Susanne

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    1. Falls Karneval doch mal ein Thema wird, ist er gerüstet, das ist ja auch was!

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  3. Ich würd das Hemd auch begeistert draußen tragen :D
    Sehr cool! Aber auch als Schlafanzug finde ich es klasse. Mein Liebster besitzt auch einen selbstgemachten Star Wars-Schlafanzug :D

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    1. Danke! Ich sollte vielleicht noch eine einfarbige Pyjamahose dazu nähen.

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  4. Ganz schön mutig, nach einer benötigten Nähpause mit einem Projekt wieder einzusteigen, von dem du vermutet hast, dass es nicht getragen wird. Gut, dass zumindest du begeistert bist, sonst wäre womöglich die Nähleidenschaft noch weiter abgekühlt. Mal abwarten, vielleicht entdeckt dein Mann die Liebe zu dem Hemd ja noch, wenn es mal wieder über 30° hat.
    Weite Burda-Schnitte sind immer zu weit, war anscheinend auch in den 2000ern schon so. LG Christiane

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    1. Och, das Nähen hat schon Spaß gemacht - ich nähe ja auch sehr gerne, außer ich muss über längere Zeit jeden Tag nähen.

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  5. Offen getragen über einem einfarbigen Shirt finde ich das absolut straßentauglich. In Berlin sowieso.
    Aber ich bin ja auch bekennendes Fangirl. :)

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    1. Ja, straßentauglich ist das - aber wenn man sonst vor allem einfarbig unterwegs ist, ist das schon ein Schritt!

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  6. 2:0 fuer Dein praktisches Denken bzgl. 'Fan Devotion' vs. 'weiterer Brauchbarkeit' !!!
    Meeehr als nur die 2 vorhandenen Daumen 'up' f. Arbeitsleistung/Umsetzung UND praktisches Denken; Gratulation !!!

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  7. PS:
    Koennte 'IHM' zwar passendes Wetter bieten: derzeit meist 'um 30 + Grad'; zweifle aber trotzdem an 'actual willingness' ;-) ;-) :-D

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  8. Auch bei uns gab es Weihnachte diesen Stoff, allerdings in der Jerseyvariante. Auf Instagram habe ich ein Foto gezeigt. Gruß

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  9. Ich finde das Shirt cool, aber mein Freund meinte sofort: Ich bin zwar Fan, aber das wäre mir zu viel! Immerhin hattest du Spaß beim Nähen, das ist ja schonmal die halbe Miete...

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    1. Der Stoff ist wirklich ziemlich wild - vor dem Zuschneiden habe ich überlegt, die lienke Seite nach außen zu verwenden (das gibt es bei Hawaiihemden auch ab und zu), das wäre vielleicht doch eine gute Idee gewesen, die Farben sind dann gedämpfter und man erkennt das Muster erst auf den zweiten Blick.

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  10. Der resident engineer trägt ist ja bekennender Magnum Fan und trägt die von mir genähten sehr bunten Hawaii-Hemden auch winters als Partyhemd. Und im Sommer ins Büro. Ich liefere auch Fotos, falls das beim Überzeugen hilft.

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    1. Bürokleidung ist bei Ingenieuren sicher etwas anders als bei Medienmenschen - wobei der Liebste ja halber Nerd ist, da ist eigentlich jede Oberbekleidung, solange sie sauber ist, in Ordnung.

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  11. Als ich Deinen Blogpost sah, habe ich sogleich meinen Liebsten hinzugezogen und ich würde sagen: Unsere Männer treffen sich in ihren Vorlieben bezüglich Nerdtum UND Stoffwahl! Wir haben beide geschmunzelt bei Deinen Beschreibungen; meiner ist zwar auch Fan, würde das aber sicherlich nicht tragen. Glaubst du gibt es diesen Schnitt auch als Einzelschnitt von Burda oder nur im alten Heft? lg, Gabi

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